2012-11-08
Mit einem fulminanten Referat des Professors für Medienwissenschaft an der Technischen Universität Berlin, Norbert Bolz, und einer äußerst lebhaften anschließenden Diskussion ging der 17. Wiener Kulturkongress „Der Islam in Europa: Begegnung – Bedrohung – Befruchtung“ in der Diplomatischen Akademie am 6. November zu Ende.
Der Kongress, an dem ständig an die 150 Personen teilnahmen, war am Vortag vom Großmufti von Bosnien-Herzegowina, Dr. Mustafa Ceric, mit der Darstellung des Friedenskonzepts im Islam eröffnet worden. Anschließend wurde der islamische Würdenträger vom prominenten Publizisten und Islamkenner Prof. Heinz Nußbaumer über seinen religiösen und wissenschaftlichen Werdegang befragt. Ceric unterstrich die von einem gläubigen Moslem vorzunehmende Anpassung des Islams an seine jeweiligen Lebensumstände. Der Islam in Europa unterscheide sich aufgrund dessen in seinen Auswirkungen vom Islam in Asien, auch wenn der Koran selbstverständlich dessen unverrückbare Grundlage bleibe.
Der zweite Tag der Konferenz wurde unter der Moderation von Mag. Erich Kocina, Die Presse, mit der spannenden Vorstellung einer Studie über die Selbstsicht muslimischer Zuwanderer der ersten und zweiten Generation in Österreich von Univ. Prof. Paul Zulehner, Wien, eingeleitet, dem sich „Rechtshistorische Betrachtungen über den Islam und Europa“ und deren gegenseitige Beeinflussung von Univ. Prof. Richard Potz sowie ein Referat über den politischen Islam, vor allem außerhalb Europas, von der ausgewiesenen Kennerin des arabischen Raumes Dr. Gudrun Harrer anschlossen.
Mit Spannung verfolgt wurden die im Themenkreis „Die Stellung der Fau, die Scharia und die Rechtstraditionen Europas“ angesiedelten Ausführungen der islamkritischen Publizistin Dr. Necla Kelek aus Köln, die vor allem Beispiele aus dem deutschen Alltag brachte, sowie der Beitrag von Univ. Prof. Irene Schneider aus Göttingen über „Moslimas in Europa – Anpassung und Grenzen“, welche in ihrem Vortrag vor allem auf die positiven Entwicklung der Stellung der muslimischen Frauen in ihrer neuen Heimat Europa einging. Heiko Heinisch, der eben gemeinsam mit Nina Scholz ein vielbeachtetes Werk über „Europa, Menschenrechte und Islam – ein Kulturkampf?“ veröffentlicht hatte, referierte über die Frage „Wieviel Scharia verträgt Europa?“ und kam zu dem Schluss, die Scharia sei mit den jahrhundertelang erkämpften Verfassungen Europas unvereinbar. Die Moderation oblag der Mitarbeiterin des ORF Hörfunk Mag. Maria Harmer.
Der Frage der islamischen Erziehung in Europa einerseits und die Bildung der Christen in islamischen Staaten andreseits widmeten sich Univ. Prof. Ednan Aslan, Wien, und der koptische Journalist Victor Elkharat, der die Diskriminierung der Kopten in Ägypten beklagte, ergänzt durch einen Vortrag von Univ. Prof. Wolfram Reiss, Wien, über die leider sehr negative Darstellung Europas und des Christentums im Nahen Osten. Die auch seitens des Publikums sehr lebhaft geführte Diskussion wurde von Furche Chefredakteur Claus Reitan souverän moderiert, der im darauffolgenden Themenschwerpunkt darstellte, woran Integration aufgrund der Haltung gewisser Medien scheitert. Dr. Zakarija Sejdini von der islamischen Glaubensgemenschaft in Österreich stellte in seinem Referat die philosophische Frage „Integration, was ist das?“, worauf die Leiterin der Integrationsangelegenheiten der Stadt Wien, Dr. Usula Struppe mit einem Beitrag über die Chancen des Zusammenlebens in der Großstadt aus praktischer Sicht antwortete. Moderiert wurde dieser Schwerpunkt in bewährter Weise von der Stv. Chefredakteurin des Kurier, Dr. Martina Salomon.
Die Veranstlatung war nach einhelliger Meinung der Teilnehmer ein voller Erfolg, was nicht zuletzt an den zahlreichen engagierten Wortmeldungen aus dem Publikum und der lebhaften Diskussion ersichtlich war.
Der 18. Wiener Kulturkongress im Jahr 2013 wird dem nicht nur für Österreichs Zukunft überaus wichtigen Generalthema „Bildung und Ausbildung“ gewidmet werden.