Alfred Pfabigan macht in seinem Buch bisher unbekannte Details dieses berühmten literarischen Skandals sichtbar und verweist auf die sexualpolitische Bedeutung der Beziehung.Binnen weniger Wochen zerstörte die viktorianische Justiz das Leben Oscar Wildes und seiner Familie und sandte ihn wegen gleichgeschlechtlicher Unzucht für zwei Jahre ins Gefängnis. Wilde war ohne Zweifel ein Opfer viktorianischer Heuchelei, doch die Gesetze, nach denen man ihn verurteilt hatte, blieben noch jahrzehntelange gültig und beschädigten – nicht nur in England – die liberale Demokratie.
Der Eingriff der Justiz ins Privatleben Wildes ruinierte auch das des Lord Alfred Douglas, mit dem ihn eine toxische Beziehung verbunden hatte. In einer schweren existentiellen Krise verfasste Wilde eine Anklageschrift gegen den jungen Dichter und gab ihm die Schuld an seinem Niedergang – eine Version, die ihn mehreren Biographien und Filmen übernommen wurde. Aber sind die ungeheuren Bezichtigungen haltbar, war nicht Douglas – später der wichtigste Sonnet Dichter seiner Zeit – ebenso ein Opfer des Verbotes? Alfred Pfabigan, als Philosophischer Praktiker mit zerstörerischen Beziehungen vertraut, untersucht den Wahrheitsgehalt von Wildes Rachebuch und zeigt, wie im Kreis rund um Wilde mit geschlechtlichen Rollen experimentiert wurde und versucht wurde, der gleichgeschlechtlichen Liebe eine neue Würde zu geben.Montag, 13. Oktober 2025 18h Einlass
Start 18:30
Hanuschgasse 3/4/1/1046, zweiter Hof, 1010 Wien
Wir freuen uns auf einen interessanten diskursiven Abend mit Dr. Alfred Pfabigan und Dr. Karin Frank.
Im Anschluss gibt es Raum für persönliche Gespräche bei Wein, Wasser und Bäckereien.
Am 30. November 1900 starb Oscar Wilde 46-jährig in einem billigen Pariser Hotel – verarmt, geschwächt und moralisch heruntergekommen. Noch sechs Jahre zuvor hatte die Londoner Gesellschaft dem Salonlöwen gehuldigt – als brillantem Erzähler und Verfasser des skandalisierten Romans „Das Bildnis des Dorian Gray“. Doch 1895 verurteilte ihn ein Gericht wegen gleichgeschlechtlicher Unzucht zu zwei Jahren Kerker und Zwangsarbeit. Daran zerbrach Wilde.
Die Schuld am Untergang wird in der Literatur seinem Liebhaber Lord Alfred Douglas zugeschrieben. Quelle dieser Anschuldigung ist eine im Gefängnis verfasste Abrechnungsschrift mit dem Titel „De Profundis“, in der Wilde Douglas bezichtigt, ihn finanziell ruiniert und in einen Konflikt mit seinem Vater, dem Marquess Queensberry, hineingezogen zu haben. Das Buch gilt heute als eine der großen Bekenntnisschriften der Weltliteratur.
Alfred Pfabigan macht bisher unbekannte Details dieses berühmten literarischen Skandals sichtbar und verweist auf die sexualpolitische Bedeutung der Beziehung. Mit seinem glamourösen Auftreten durchbrach das Paar nicht nur die viktorianische Regel „Don’t ask, don’t talk“, sondern machte bewusst seine Neigungen sichtbar. Bemerkenswert ist auch die weitere Entwicklung von Douglas nach Wildes Tod: Er heiratete die Lyrikerin Olive Custance, deren Geschlechterrollen-Experimente eine Vorform von LGBTQ-Positionen darstellten.
Das Buch zeichnet ein buntes Panorama der viktorianischen Gesellschaft – unter den Protagonisten finden wir neben der literarischen Szenerie auch Strichjungen, Detektive und auf die Verfolgung oder Verteidigung Homosexueller spezialisierte Anwälte.
Univ.-Prof. Dr. Alfred Pfabigan, Philosoph und Politologe, unterrichtete in Salzburg, Metz, Lancaster/PA und Czernowitz. 1993-2013 Professor am Philosophischen Institut der Universität Wien, seither Leiter der Philosophischen Praxis Märzstraße. Zahlreiche Veröffentlichungen, zuletzt „Kaiser, Kleider, Kind“, Innsbruck 2018, „Philosophie Hilft!“, Eichborn 2021
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