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Traum und Wirklichkeit: Spionage in Österreich

ÖKV Förderkreis

2022-04-07
 

In einem wieder mit über 70 Besuchern zum Bersten vollen Saal galt die moderierte Doppelkonferenz am 4. April der Welt der Spionage und Nachrichtendienste in Österreich – anhand zweier Biographien, Wilhelm Hamburger-Hendricks und Wilhelm Höttl.

Nach einer vom Moderator Martin Pammer gegebenen kurzen Einleitung, bei der schlaglichtartig die verschiedenen Facetten, Epochen und die jeweiligen politischen Umständen des Tuns von „Überwachungsmännern“, Nachrichtendiensten, Staatspolizei, Spitzel und Schattenmännern in Österreich zwischen 1815 und 1955 beleuchtet wurde, führten uns Erwin Schmidl und Martin Haidinger in die Welten der beiden ihnen auch persönlich bekannten „Spione“, Wilhelm Hamburger-Hendricks und Wilhelm Höttl.

Erwin A. Schmidl - Martin Pammer - Martin Haidinger
Erwin A. Schmidl, Martin Pammer, Martin Haidinger

Schmidl beleuchtete, nach einer Schilderung der Herkunft und Entwicklung der zunächst deutsch-national-monarchistisch orientierten Person Hamburger, vor allem dessen NS-Wehrmachtstätigkeiten für die Abwehr in Istanbul, die schließlich in einem Überlaufen zu den Briten und dem Engagement für eine pro-österreichische Propaganda v.a. im Äther mündete. Das ihm aufgetragene Ziel war es, vormalige bzw. nachmalige „Österreicher“ in der deutschen Wehrmacht zu einer Zuwendung zu Österreich zu gewinnen, letztlich wohl mit dem Ziel, den Krieg über den Umweg der De-Legitimierung zu verkürzen. Hamburger-Hendricks Weg nach dem Zweiten Weltkrieg führte ihn als erfolgreichen Unternehmer in den Osthandel, wobei er vor allem durch Gegengeschäfte wohlhabend wurde, und ins konservativ-national-liberale Wiener Großbürgertum. Ob er nach dem Ende seiner Aktivitäten bei der Royal Army noch „nachrichtendienstlich“ tätig war, lässt sich nicht sagen.

Ganz anders verlief der Weg von Wilhelm Höttl, über den Haidinger einen Band verfasst hat: Früh ein Nationalsozialist und im „deutschen Klub“ in Wien verkehrend, war der ehrgeizige SS-Mann Höttl wohl zeitlebens ein „flexibler“ Nationalsozialist, vor allem aber gewiefter Lügner und ein undurchschaubares Chamäleon. Geschickt konnte er sich durch alle Lebenslagen durchbringen und so nach dem II WK zuletzt als Schuldirektor (!) bis zu seinem Lebensende ungestraft in Zentralösterreich sein Leben genießen. Als Mitarbeiter Eichmanns in Ungarn und als Auftragnehmer Kaltenbrunners sicher auch kriegsverbrecherisch involviert, hatte er nach 1945 mehrfach „Glück“: als Kriegsgefangener und Kronzeuge beim Nürnberger Prozess für die „tatsächliche Zahl“ ermordeten Juden blieb er unbehelligt und diente sich dem CIC bzw. CIA an; in Österreich tauchte er die kurze Phase vor der Dominanz des Kalten Krieges zwischen 1945-1947/48 und der damals noch konsequenten Ahndung der NS-Verbrechen, durch. Er gehörte zu den vielen scheinbar „gewandelten“ Nazis und kam in so in die Obhut der West-Alliierten – was Höttl mit den Amerikanern so lange gelang, bis seine Informationen doch zu offensichtlich erfunden waren – und die österreichische Justiz wurde immer „sanfter“ – wie am Bespiel des Franz Murer, dem Schlächter von Vilnius, später hinlänglich bekannt wurde. Für Höttls Leben galt wohl in Summe irgendwie sein Spruch aus dem Jahr 1999: wie so oft wurde etwas wahr, was ich erlogen hatte!

Roberto Pavlovic Martin PammerEin rundum spannender Abend, der zeigt, dass das ambivalente und weite Thema der „Geheimaktionen“, des Beobachtens und des „Nachrichtenhandels“ immer für Spannung sorgt. Eine ganz eigene Frage ist freilich die wirkliche Relevanz bestimmter Akteure für das tatsächliche politische Geschehen, zumindest bezogen auf Österreich.

Eine besondere Freude am Ende des Abends war unser Umtrunk mit besten Weinen und frischem Brot, gespendet von unserem Hörer und Freund der ÖKV Roberto Pavlovic, der in Wien eine kleine und feine Lokalkette betreibt.

 

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