70 Jahre ÖKV

GEMEINSAM ZUKUNFT GESTALTEN 34 auch zu Emigranten, und durch einen parteipolitisch nicht ausgrenzenden Diskurs begegnen wollte 7 . Große Namen für ein kulturell neues Österreich Seefehlner lehnte für den ‚Turm‘ - ebenso wie für die Ak- tivitäten der Kulturvereinigung insgesamt - parteipoliti- sche und ideologische Verstrickung entschieden ab. Die generelle Ablehnung alles Nationalsozialistischen war klar und kam auch explizit zur Sprache, wenn auch gegenüber einzelnen Menschen, die sich in unterschiedlicher Intensi- tät mit diesem eingelassen hatten, aus heutiger Sicht eher milde umgegangen wurde. Die Redaktion des‚Turm‘ setzte auf Beruhigung, Tröstung, Besinnung und auf das Wirken eines vom Christentum bestimmten Handelns 8 . Aus dieser - der Kritik als unentschlossen, urteilsscheu und verharmlosend erscheinenden - Einstellung heraus wird auch die Zusammensetzung der Redaktion des ‚Turm‘ und jener Autorinnen und Autoren, die darin Beiträge veröf- fentlichten, besser verständlich. Denn die großen Namen, die sich im ‚Turm‘ am Aufbau eines kulturell neuen Öster- reichs beteiligten, hatten bei allem sie Vereinenden in den Jahren zuvor doch Unterschiedlichstes erlebt und daraus individuelle Schlüsse ge- und Positionen bezogen. Englerth weist in seinem Essay darauf hin, dass„die Anzahl von Emigranten unter den Beiträgern des ‚Turm‘ unge- wöhnlich hoch“ war. Franz Theodor Csokor, Ernst Waldin- ger, Hans Weigel, Theodor Kramer und Hilde Spiel waren nur einige davon. „Wenn immer wieder und durchaus be- 7 vgl. Bruckmüller, Ernst (Hrsg.)(2000): Wiederaufbau in Österreich 1945-1955. Rekonstruktion oder Neubeginn? Wien, Böhlau Verlag 8 vgl. Englerth, S. 12ff. Brief von Alexander Lernet-Holenia mit Glückwunsch zum ‚Turm‘ an Seefehlner und die Kulturvereinigung. „In der Tat brau- chen wir nur dort fortzusetzen, wo uns die Träume eines Irren unterbrochen haben, ...“ (1. Jg. Heft 4/5, November-Dezember 1945)

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